Free your Android – angetestet

Zeit für einen kleinen Android-Plausch! Es gibt ja gerade diese Kampagne „Free your Android“. Sie ist von der Free Software Foundation, dem FoeBuD e.V. und der portugiesischen „Associação Nacional para o Software Livre“ (Ansol). Ziel ist es, durch freie Software mehr Kontrolle über das eigene Android-Gerät zu erlangen. Mehr dazu gibt es hier: https://fsfe.org/campaigns/android/android.html. Der FoeBuD hat neulich auch einen Workshop dazu angeboten – eine tolle Idee!

 @Leena auf identi.ca: "Übrigens gehts! Und es ist großartig. Und OHNE Google-Account. Mein freies Smartphone. Kann es nur ampfehlen. #fya"

Als ich dann einen begeisterten identi.ca-Tweet von @leena las, wollte ich es auch ausprobieren. Hier also ein erster Erfahrungsbericht.

Welches Android?

Ich hatte auf meinem Samsung-Smartphone schon seit längerer Zeit nicht mehr das mitgelieferte Android, sondern das community-gepflegte CyanogenMod 7.1, neuerdings jetzt 7.2RC (Wikipedia hier: CyanogenMod). Mein Hauptgrund für den Wechsel war, dass ich OpenVPN brauche. (Dafür gab es in der von Samsung gereichten Variante nicht mal das Kernelmodul, geschweige denn, dass sowas in den Menüs irgendwo vorgesehen war.) root-Rechte, also Administrator_innenrechte kann ich insgesamt aber nur empfehlen! Sie erlauben, Backups zu machen, Firewalls zu nutzen und anderes. Okay, aber ich komme von Thema ab.

Kein Google-Account – geht, aber wie toll ist es?

Hauptpunkt war für mich also, das Yuppiephone vom Google-Account zu lösen. (Das könnt Ihr Euch so vorstellen: Wenn das neu installierte CyanogenMod das erste Mal startet, kommt als erstes die Frage nach dem Google-Account. Diesen Schritt kann man überspringen.)

Ich habe weder meine Mails, noch meinen Kalender bei Google (meine Beschreibung zu Zarafa hier), ich bezog aber die Apps von Google Play und habe auch meinen RSS-Reader mit Google Reader synchronisiert. Für befreite Yuppiephones gibt es eine alternative Softwarequelle, nämlich fdroid.org. Über diese App bekommt man eine Auswahl an freier Software zum Installieren. Das ist ein super Projekt! Und: Da muss noch viel mehr Software rein… (Eine Liste zu befreiender Apps wird hier gesammelt.) Ich habe mir z.B. die freien RSS-Reader angesehen und keinen gefunden, der schon so ausgereift ist, wie meiner (BeyondPod), den ich – ebenso wie die Backup-Software Titanium Backup – gekauft und für sehr gut befunden hatte. Beide können nach Zeitplan ihre Jobs erledigen, also jede Nacht ein Backup machen und Feeds aktualisieren. Da will ich auf keinen Fall drauf verzichten! Titanium Backup hab ich netterweise außerhalb von Google Play zum Download gefunden und installiert. Darin habe ich die Market Links aller gesicherten Apps gelöscht. BeyondPod habe ich dann als App mit Daten aus dem Backup wiederhergestellt. Mit viel Rumgetatsche habe ich aus allen abonnierten Feeds die Synchronisation mit Google Reader entfernt. Ich bin also sogleich wieder bei proprietärer Software, wenn auch ohne Google Play/Reader. Ich mag ja auch Microblogging und habe jetzt das freie Progrämmchen mustard. Das hatte ich früher schon verwendet und fand es auch nicht schlecht, in der jetzt aktuellen Version stürzt es leider andauernd ab. 🙁

Die Sache mit der Kontrolle und der Firewall

Vor der (Halb-)Befreiung hatte ich mal auf meinem Gateway rumspioniert, welche Websites mein Telefon eigentlich so kontaktiert. Da waren schon seltsame Sachen dabei – so würde mich z.B. interessieren, was Ubersocial da immer mit dem Perureisen-Portal macht… Das ist jetzt besser geworden, aber eine feinere Kontrolle wäre dann jetzt richtig Arbeit!

Der Google DNS wird dauernd aufgerufen (irgendwie klar), aber auch mustard etwa kontaktiert dauernd die Website des Herstellers. Das könnte irgendeinen Sinn haben (vielleicht Kontrolle der Internetverbindung), müsste von mir aus aber auch nicht unbedingt sein. Ich habe mir also die Firewall Droidwall aus dem fdroid-Repository angesehen. Sie erlaubt es, einzelnen Apps den Internetzugang über WLAN oder mobiles Datennetz zu entziehen/zu gestatten (Blacklisting oder Whitelisting). Eine Firewall, die gleich kleinteiligere Angebote aufgrund des Datenverkehrs macht, hab ich nicht gefunden. (Aber weist mich bitte drauf hin, wenn Ihr sowas kennt!) In Droidwall kann man auch eigene Filterregeln (iptables) anlegen. Das habe ich noch nicht ausprobiert. Es ist auf jeden Fall zu aufwändig, nach jeder Neuinstallation erstmal zu prüfen, was die App tut und so daran herumzuregulieren, dass man sich wohl damit fühlt. Und: Auf meinem Computer mache ich sowas ja auch nicht… Ihr?

Vorläufiges Fazit

Ich weiß noch nicht, ob das so lasse! Da gibt es etliche sehr gute freie Apps und die wichtigsten Dinge kann ich machen! Aber dort, wo es sie noch nicht gibt, ist die Frage: Will ich gut funktionierende proprietäre Apps durch schlechter funktionierende freie Alternativen ersetzen? Und will ich auf die Möglichkeit verzichten, zig Apps einfach mal auszuprobieren, die gerade so die Runde machen? Will ich auf ein Stück Komfort verzichten? (Beispiel: am Rechner was Interessantes sehen, es in den Google Reader schmeißen und später auf dem Telefon drin lesen.) Gleichzeitig amüsiere ich mich beim Schreiben über mich selbst: Auf dem Computer habe ich mich durch acht oder neun Jahre Linux genau daran gewöhnt, weniger Komfort und mehr Zeitaufwand, weil mir freie Software so wichtig ist… Im Übrigen steht der echte Test noch aus: Wird mir was fehlen, wenn ich unterwegs oder im Stress bin?

6 Antworten zu „Free your Android – angetestet“

  1. Danke für den Bericht! Als Feedreader kann ich TinyTinyRSS aufm Server mit einer der Client-Apps empfehlen.

  2. silke

    Danke für den Tipp! Das werd ich mir mal angucken! Liebe Grüße!

  3. Hallo Silke,

    danke für deinen Artikel! Nur ein kleiner Hinweis von mir: Freie Software lebt davon, dass man die Entwicklerinnen auf Fehler hinweist. Für Mustard kannst du Bugs z.B. hier eintragen: https://bugs.launchpad.net/mustardroid
    Vorher kann es sinnvoll sein mit aLogcat die Fehlermeldungen des Systems abzuspeichern, damit man den Fehler leichter finden kann.
    Ich selbst benutze Mustard täglich und bin ganz zufrieden.

    Ansonsten viel Erfolg mit dem echten Test! 🙂

  4. silke

    Danke, Torsten, für Deinen Kommentar!
    Du hast Recht, statt herumzumäkeln, sollte ich mich mal als Bugreporterin betätigen. aLogcat -> kommt gleich auf die Liste der auszuprobierenden Dinge, merci!

  5. Newbie

    Hallo Silke, ich möchte mein Smartphone ebenfalls möglichst Google-frei einrichten. Bin jetzt beim Schritt, das Titanium Backup jenseits von Google Play aufzuspielen. Hab die Version titanium_Backup_4.7.2.apk (ca. 4 MB) im Internet gefunden und würde die jetzt über den PC zu installieren versuchen. Hatte das bei dir reibungslos geklappt? Oder soll ich doch über Google Play gehen, da das Tool im Endeffekt ja auch bei dir draufgeblieben ist?! Würd mich sehr über ’ne Antwort freuen!

  6. silke

    Hm. Wenn Du Google Play gerade noch hast, würde ich die App eher daher nehmen, sonst vielleicht noch von der Entwickler_innen-Website (falls es sie da auch gibt). Sonst weißt Du ja erst recht nicht, was Du Dir da runterlädst. Die App habe ich auch immer noch und bin Fan davon, obwohl sie keine freie Software ist. :p (Hast Du schon root-Rechte? Ich glaub, das war eine Bedingung für Titanium-Backup.)
    Beim Workshop letztes Wochenende haben wir das mit dem Backup so gelöst: Erstmal nur Kontakte, evtl. SMS und Call Log mit Apps sichern, dann das ClockworkMod-Tool installieren. In dem Ding haben wir dann ein Komplett-Backup vom Handy gemacht, auf die SD-Karte. Und danach CyanogenMod installiert. (Aber okay, das Umstiegsprozedere ist ja bei jedem Telefon anders…) Und das Tolle an Titanium ist eben, dass Du einzelne Apps mit/ohne Daten und mit/ohne Google Play-Anbindung wiederherstellen kannst.
    Viel Erfolg!