Auf dem Weg zu einem unpolitischen Freizeitblog schreibe ich ihn nun, den Urlaubsbericht! Wir waren in Tirol auf dem Stubaier Höhenweg unterwegs. Gerade wollte ich schreiben „zu zweit“, aber das wäre angesichts des Ansturms eine recht dreiste Lüge. Als wir noch in Fulpmes an der Talstation standen, hing da schon ein Schild, dass unser erstes Ziel, die Starkenburger Hütte, ausgebucht sei. Nachdem wir uns vergewissert hatten, dass der Schrieb aktuell war, war die Dame, die in der Talstation arbeitet, total nett und hat ein paar Hütten für uns angerufen, um zu klären, was tun. Schließlich sind wir hochgefahren und zur Adolf-Pichler Hütte gegangen, eine gute Strecke zum Eingewöhnen. Und wir hatten immerhin eine Unterkunft, wenn auch in einer Privathütte, in der Gäste die Pflicht-Halbpension übergeholfen bekommen, ob sie wollen oder nicht. Wir haben dort begonnen, immer die Hütte für den nächsten Abend telefonisch zu reservieren. Oft machten das sogar die HüttenwirtInnen gleich als Sammelbestellung. (Als Neumitglieder im Alpenverein war uns zu Beginn nicht klar, dass wir einfach hätten hingehen können. Alle Mitglieder bekommen zumindest ein Notlager. Also: Nicht abwimmeln lassen! ;-))
Unsere Stationen:
1. Tag: Innsbruck – Straßenbahn – Fulpmes – Lift – Adolf-Pichler-Hütte
2. Tag: Pichler-Hütte – Sendersjöchl – Franz-Senn-Hütte
3. Tag: Rinnenspitze
4. Tag: Franz-Senn-Hütte – Schrimmennieder – Neue Regensburger Hütte
5. Tag: Pause
6. Tag: Neue Regensburger Hütte – Grawagrubennieder – Dresdner Hütte
7. Tag: Dresdner Hütte – Peiljoch – Sulzenauhütte
8. Tag: Sulzenauhütte – Niederl – Nürnberger Hütte
9. Tag: Nürnberger Hütte – Simmingjöchl – Bremer Hütte
10. Tag: Pause
11. Tag: Bremer Hütte – Pramarspitze – Innsbrucker Hütte
12. Tag: Warten auf gutes Wetter
13. Tag: Habicht
14. Tag: Innsbrucker Hütte – Gschnitz – Steinach – Innsbruck
Die Tierwelt hatte sich von diesem Höhenzug weitgehend zurückgezogen. Um so schicke diese eine Ziegenherde, lauter mittig schwarz-weiß geteilte Viecher!
Die Tour hatte drei besonders lange Tage: Von der Pichler- zur Franz-Senn-Hütte, von der Neuen Regensburger zur Dresdner Hütte und von der Bremer zur Innsbrucker Hütte, wo wir jeweils eine Gehzeit von 6-7 Stunden hatten. Sonst waren wir eher zwischen drei und vier Stunden am Gehen. Ich gehöre nicht zu den Superflitzern, die auf der Tour Hütten überspringen. Uns haben zwischen der Neuen Regensburger und der Dresdner Hütte tatsächlich welche überholt, die an dem Tag in der Franz-Senn-Hütte aufgestanden waren. Andere haben uns erzählt, dass sie über die durchs Skigebiet zerrüttete Landschaft um die Dresdner Hütte herum so geschockt waren, dass sie gleich noch drei Stunden drangehängt haben. Nee, also, ich brauchte die Pausentage dringend, damit sich meine matten Beine erholen konnten. Für den Kopf ist es sehr erholsam: Nach ein paar Tagen geht es nur noch um Gehen, Essen, Gucken, wer sonst noch unterwegs ist, und Schlafen, also nur über basics nachdenken müssen, hihi. Schlafen von ca. 21.00-6.30 Uhr!
Das Wetter war nicht sooo doll. Mehrmals sind wir den ganzen Tag durch die Wolken spaziert oder haben bestimmte Wegvarianten (Großer Trögler, Mairspitze) nicht gewählt, weil die Sichtweise 100m nicht überschritt. Aber wir hatten Weitblick an einigen entscheidenden Orten: auf der Rinnenspitze, der Grawagrubennieder, dem Simmingjöchl und dem Habicht, so dass ich mal nicht zu viel über’s Wetter meckern will. Außerdem hatte ich das Glück, dass ich unterwegs eine rote Wollmütze gefunden habe, dank derer ich weniger kalte Öhrchen hatte. (Ich hoffe, die Eigentümerin musste nicht zu sehr frieren ohne!)
Ich habe einen Gletscher angefasst! Zwischen Peiljoch und Sulzenauhütte. Bald gibt’s vielleicht keine mehr. Leute, die schon vor 15 Jahren dort unterwegs waren, haben beschrieben, von wo bis wo die Dinger damals reichten. Man hätte im Sommer auf Skiern geradezu in die Dresdner Hütte fahren können, jetzt muss man mit dem Lift hinfahren…
Wie schon erwähnt, rennt ein Haufen Menschen im August auf den Stubaier Höhenweg (wir haben gehört, dass die Grawagrubennieder auch tatsächlich erst irgendwann im Juli geöffnet wurde). Die Atmosphäre hat etwas unter der Überfüllung der Hütten gelitten, vor allem in der ersten Woche. Es gab Leute, die Monate vorher ihre Doppelzimmer mit Halbpension gebucht hatten, und wer in einigen Hütten Halbpension nahm oder a la carte aß, wurde eben auch zuerst bedient. Wer nur das Bergsteigeressen konsumiert hat, bekam ganz als Letztes und wurde auch noch in jeder Hütte mit Speck abgefüllt.
Besonders absurd gestaltete sich das Ganze in der Neuen Regensburger Hütte. Bei Ankunft haben wir gleich einen Stundenplan bekommen: bis 16h45 Essen bestellen, bis 17h40 die Tischnummer ansagen, bis 17h55 die Plätze einnehmen, gleich nach dem Essen in der Bezahlschlange anstellen! Das Bergsteigeressen wurde um 19h30 serviert! (Also auch bei totaler Überforderung der Lohnarbeitenden nicht vom Plan abweichen…) Ich dachte auch, ich seh nicht richtig: In der Gaststube waren alle Tische reserviert für die Halbpension-Leute. Berghütte goes Zwei-Klassen-Gesellschaft… Ach und nochwas: Für die zweite Nacht dort nahmen wir so eine Halbpension, um mal was Anderes als unser Müsli zu frühstücken. Und da mussten wir feststellen, dass Halbpension nicht etwa bedeutet, dass die Übernachtung im Preis drin ist – selbst dann nicht, wenn das auf der Preisliste explizit so steht. In meinem persönlichen Hüttenranking musste diese Hütte auf den hinterletzten Platz weichen, obwohl z.B. die Lage echt schön ist und die, die dort arbeiten und sich all die Regeln sicher nicht ausgedacht haben, trotz der Überfüllung nett und bemüht waren.
Was wirklich, wirklich toll war, waren all die netten und aufgeschlossenen WandererInnen. Nette Gespräche, Doppelkopf- oder andere Spielrunden gab es immer. Es hat großen Spaß gemacht, mal 2-3 paar Tage mit den gleichen, dann wieder mit neuen Leuten unterwegs zu sein bzw. abends zusammenzuhocken!
Viele Leute, die wir unterwegs getroffen haben, wollten gerne wissen, wie die Grawagrubennieder ist, da sie in so einem verbreiteten Wanderbuch als größte Herausforderung des Stubaier Höhenwegs beschrieben wird. In der Neuen Regensburger hing aus, wie die Stelle mit dem Schnee und Geröll passiert werden sollte: Nicht rechts drumherum gehen, weil Gletschereis unterm Geröll rumliegt, sondern ab durch die Mitte. Wir haben das (so ziemlich als einzige an dem Morgen) beherzigt und sind etwa auf der Höhe des unteren Drittels ins Schneefeld gestiefelt und dann hoch. Das hat auch funktioniert und ist für Leute, die nicht so gerne über Blockschutt kraxeln, vielleicht stellenweise auch eine schnellere Variante. Irgendwo überquert ein Drahtseil das Schneefeld; dort sind wir dem Seil nach links gefolgt und das letzte Stückchen über Geröll gegangen, mit Festhalten. Dann klettert man noch die letzten Meter mit Seilversicherung hoch auf die Ggn.
Noch was ganz Tolles sind die Hochmoore! Mir sind drei davon im Gedächtnis, nämlich eins gleich hinter der Neuen Regensburger Hütte, eins am gleichen Tag Nähe Mutterbergsee und eins zwischen Nürnberger Hütte und Simmingjöchl. Bildschön, mit ihren puscheligen Gräsern, wie kleine Oasen in dem schroffen Drumrum.
Noch ein paar Stichworte zu meinem „Hüttenranking“ (ganz im Trend, nur Exzellenzcluster, die vergebe ich nicht…):
Pluspunkte haben die Sulzenauhütte (die erste kleinere Hütte mit nettem Klima), die Nürnberger Hütte (sehr nette Bewirtschaftung und gute „Kaspressknödel“, der Kaiserschmarrn ist dagegen nicht so berühmt…) und die Bremer Hütte (leckerer Kaiserschmarrn, riesige Portion). Die Innsbrucker Hütte hatte den besten Kaiserschmarrn! Ich hab dem Wirt jedoch etwas übel genommen, dass er meine Angst vor einem Abstieg bei Gewitter nicht ernst genommen hat. („Ich hab doch gesagt, dass das Wetter scheiße wird.“) Nur weil es in seinem Metier eine Selbstverständlichkeit ist, am Berg zu sterben, muss ich das ja nicht auch anstreben… Und schließlich die Zentren des Massentourismus: Franz-Senn-Hütte, Neue Regensburger Hütte, Dresdner Hütte.
Ja, und jetzt bin ich topfit!