Höchste Zeit für ein längst geplantes Experiment! Es geht um nichts weniger, als um die Frage, ob es möglich ist, Leute in freie, dezentrale Netzwerke zu bewegen. Ihr kennt die Begründung: „Ich würde ja sofort von twitterfacebookgoogle+pipapo zu einer freien, dezentralen Alternative wechseln. Aber alle anderen sind halt bei twitterfacebookgoogle+pipapo, deshalb bleibe ich da.“ Oder auch: „Wir als Firma / Verein / wichtiger Akteur im Feld Blabla müssen halt da sein, wo die Leute sind. Da folgt uns eh niemand, wenn wir in irgendso’nem abseitigen Netzwerk posten.“ Da liegt folgender Versuch nahe: Die Menschen grüppchenweise zu überzeugen, woanders hin zu gehen. Wollen wir das nicht mal eben machen?
Der Plan
- Ich biete einer Gruppe von Leuten Accounts auf meiner friendica-Instanz an. Diese Personen sind aufgerufen, sich mit friendica drei Monate lang ernsthaft zu beschäftigen. Was meine ich damit?
- Ihr betrachtet die freie Software friendica nicht als fertiges und möglichst schickes Produkt, sondern als Kommunikationswerkzeug im Entwicklungsprozess. An diesem Prozess könnt Ihr schon durch ein paar einfache Notizen teilhaben. Schreibt was Kleines oder Großes dazu auf: Eine Idee zur Verbesserung, einen Fehler, eine Funktionalität, die friendica noch fehlt. Keinen Stress – schreibt gerne einfach direkt als friendica-Post. Wenn Ihr mögt, beobachtet Ihr, ob Eure Ideen von der Entwickler*innen-Community aufgegriffen werden.
- In den drei Monaten versucht Ihr, ein paar weitere Personen von einem ernsthaften Testen oder sogar von einem Wechsel zu überzeugen. Auf meine friendica-Instanz, auf irgendeine andere friendica-Instanz (z.B. snarl.de oder einen Server von dieser Liste) oder auf eine (dazu kompatible) status.net-Instanz (Liste). (Friendica- und Status.net nutzen die gleiche API und alle Instanzen können miteinander kommunizieren.)
- Twittert von mir aus weiter, so viel Ihr wollt. Ihr seid jedoch dazu aufgerufen, all Eure Posts im Versuchszeitraum parallel auch in friendica abzusetzen, so dass es egal wird, ob man Euch hier oder dort folgt. Oft gestellte Frage: „Gibt’s denn wenigstens ’ne App, mit der ich das einfach kann?“ Ja. Die freie Android-App Twidere (Download über F-Droid oder Google Play) kann friendica und status.net (und Twitter) bespielen. Hier ist das Howto für die Konfiguration. Update: Weitere Desktop- oder Smartphone-Clients für die StatusNet-API sind hier aufgelistet. Sie sollten also auch mit friendica funktionieren. Mit der Einschränkung, dass friendica und StatusNet manche Dinge unterschiedlich lösen/darstellen.
- Es wäre cool, wenn Ihr Eure neue Erreichbarkeit postet. Ich etwa: freiefunken@pink.pilot.io. Für die ganz Mutigen: Drückt bei den Leuten, die zu friendica/status.net mitgekommen sind, in Twitter einfach mal „unfollow“.
- Weiterer Vorschlag: Hashtag #lauffeuer.
- Nach den drei Monaten können die bleiben, die aktiv geblieben sind.
Was hab ich sonst noch zu erzählen?
- Meine friendica-Instanz hat keine Twitter- oder Facebook-Konnektoren und wird auch keine haben. Wer ohne nicht leben will, kann aber vermutlich Instanzen finden, wo das Zeug installiert ist.
- Da ich nicht vorhabe, Nutzungsbedingungen aufzuschreiben, vergebe ich die Accounts an Personen meiner Wahl, von denen ich denke, dass das nicht nötig ist. Sprich: Ich muss davon ausgehen können, dass Ihr keine diskriminierende Scheiße über meinen Server verbreitet etc. Davon kann ich am besten bei Leuten ausgehen, deren Texts, Tweets o.ä. ich schon eine Weile kenne. Schreibt mir auf einem weg Eurer Wahl!
Der Traum
- Andere von Euch fachen das #lauffeuer an, etwa mit weiteren Servern, auf denen was Kompatibles installiert ist und wo noch ein paar Leute Platz haben.
Warum nochmal das Ganze?
- weil ich nicht darüber hinwegkomme, welche Datenmengen der Menschheit in den Händen ganz weniger Firmen liegen und dass das nicht mehr Leute stört (oder es Leute stört, sie aber trotzdem verharren),
- weil alle paar Wochen ein Riesengezeter losgeht, wenn ein zentralisierter Dienst zensiert wird, seine AGB ändert, gehackt wird, den Zugriff von Apps verhindert oder oder oder…,
- weil das eben Genannte nur so läuft, weil wir alle dort sind, uns immer mal wieder aufregen, aber das alles trotzdem mitmachen,
- weil wir eigentlich wissen, dass
dezentrale, proprietäre Kommunikationstoolsschwererleichter zu überwachen sind als mittels freier Software dezentralisiert aufgebaute. Und aus diesem Wissen könnte man mal die eine oder andere Handlung ableiten. - weil es Alternativen gibt, die unfairerweise immer mit den Kommerziellen verglichen werden, obwohl sie unter ganz anderen Bedingungen entwickelt werden.
- weil wir [TM] in der Lage sind, unsere Kommunikationsinfrastrukturen selbst zu betreiben, wir müssen es nur tun.
- weil wir bei vielen kleinen Instanzen und miteinander kompatiblen Netzwerken selbst entscheiden können, wo wir unseren digitalen Rott ablegen wollen. Wir können uns für unterschiedliche Anbieter*innen entscheiden, aber trotzdem miteinander kommunizieren.
- weil ich meinen Twitter-Account am liebsten loswäre, die ganzen coolen Leute und Infos aber gerne behalten würde. 😉
Und schließlich: Know your admin!
Daten lieber auf Servern bekannter Personen abladen? Kein Problem: Menschen, die friendica-Instanzen betreiben, treffen sich ca. einmal im Monat in der c-base, Rungestr. 20, 10179 Berlin. Die Treffen werden immer in der Berlin Group in friendica diskutiert.
Links zu friendica
So. Schluss jetzt… Ihr macht das ja eh nicht! Wetten…?
2 Antworten zu „#lauffeuer: Ein Feldversuch zum bandenweisen Wechsel in freie, dezentrale soziale Netzwerke“
Hey,
super Idee. Ein Vorschlag. Jeder der das Experiment mitmacht muss 3 Leute aus seinen Kreisen überzeugen, dass gleiche zu wagen. Gerne mehr.
Diese dann wiederum etc.
Ich finde es wichtig eine konkrete Zahl vorzugeben damit es auch ein exponentielles Wachstum gibt.
Ein „paar weitere“ ist „immer“ „irgendwie“ „voll“ unkonkret.
vg
profemo
Hi profemo, ich hatte darüber nachgedacht, ob ich das machen soll. Hab mich dagegen entschieden, weil ich einerseits eher die Idee transportieren wollte als eine konkrete Regel vorzugeben. Klar, exponentielles Wachstum wäre ein super Ziel. Ich denke aber, dass es bei dieser Aktion echt um Einzelpersonen gehen wird, die ich an einer Hand abzählen kann. (Werde berichten.) Die, die ich gerne überzeugen würde, werde ich nie überzeugen.