Für meine länger vernachlässigte Kategorie „Sauna-Testberichte“ habe ich die Sauna Schmidtke [1] in Berlin-Friedrichshain aufgesucht. Die ersten schweinekalten Tage eignen sich hervorragend für einen Besuch dort, denn sooo groß sind die Räumlichkeiten nicht – es war noch schön leer.
Was auffällt: In einem Kiez mit steigender Anzahl von Yuppie-Locations nimmt sich dieser Ort als ein ganz runtergedrosselter aus. Bei meinem ersten Besuch vor vielen Monden sah der Eingangsbereich mit Bar aus wie das Wartezimmer einer Praxis – jetzt ähnelt er einem spießigen Wohnzimmer. Für die Pausen zwischen der Schwitzerei gibt es aber auch einen Liegeraum mit gepolsterten (!) Liegen (fein!), ein Lesezimmer mit Büchern und ein paar Sitzgelegenheiten im Innenhof.
Für die Schwitzerei gibt es die Auswahl zwischen 60 und 90 Grad. Die Aufgüsse werden immer um viertel vor und um viertel nach vorbeigebracht. Während der Inhaber selbst das Beschütten der Steine geradezu zelebriert, kippt die andere, die dort an dem Abend arbeitete, nach der Verkündigung des Aromas den Aufguss eher kurz drauf und fertig. Das Rumwedeln hat mir gefehlt.
Das Publikum war ganz nett. Ich finde ja Sprechen beim Schwitzen mehr als legitim und mag es, wenn Leute sich offenkundig so unterhalten, dass alle Anwesenden sich bei Bedarf einbringen können. (Ich weiß, da scheiden sich die Geister.) In der ersten Stunde habe ich mich gefragt, ob Männertag ist, das regulierte sich später aber. (Und ich hätte Überlegungen dazu in der Hinterhand, wie sich das Fehlen von Frauen im 19:15 Uhr-Aufguss und das gänzliche Fehlen anderer Geschlechter erklären lässt, nur war die Stichprobe derart klein…) Frauentag ist übrigens immer dienstags, wo wir schon beim Thema sind.
Schließlich noch das Abkühlen: Schläuche, zwei Kübel, kalte Dusche, alles da, auch ein kaltes Fußbad, in dem Steine zur Fußmassage liegen.
Also ein recht unaufgeregter Ort, an dem mensch saunen kann. Ich bilde mir (vielleicht fälschlicherweise) ein, dass der Grad an Entfremdung oder Identifikation mit der Arbeit sich in Saunen daran zeigt, wieviel Zeit und „Herz“ in die Aufgüsse gesteckt wird. Hier beißen sich nun meine Rolle als Kundin auf dem kapitalistischen Saunamarkt und mein politisches Gewissen, das sagt, es sei Schwachsinn, anderen Leuten mehr Selbstausbeutung nahezulegen. Ich hätte mich ja auch hinstellen und selbst das Handtuch schwingen können.